Veröffentlicht im September 2025

Von Duisburg ins
Weltall


Eine Stadt im Aufbruch: Der Wirtschaftsstandort Duisburg steht für Innovation. So ist das Unternehmen Vertex ein Weltmarktführer bei der Entwicklung von Kommunikations- und Datenantennen sowie Teleskopen. Auf die Technik setzen auch die ESA und die NASA.

Von ihrem Duisburger Büro aus begibt sich Lisa Hachani auf eine abenteuerliche Reise. Sie setzt sich eine VR-Brille auf und befindet sich auf einmal inmitten der Atacama-Wüste. Lisa Hachani durchwandert die staubtrockene Landschaft in Chile. Der virtuelle Trip führt sie auf den Vulkan Cerro Chajnantor. Auf 5.600 Metern Höhe steht die 37-Jährige dann vor dem „Fred Young Submillimeter Telescope“.


Quelle: Scott Gramke / Vertex




Dieses Hightech-Gerät ist so hoch wie ein dreistöckiges Haus, wiegt rund 250 Tonnen und soll dabei helfen, die Entsteh­ung des Universums besser zu verstehen. Ab 2026 können Forscher mit dem Präzisions-Teleskop einzigartige Einblicke in die Entstehung von Sternen und Galaxien gewinnen.



Die Technik hierfür stammt aus Duisburg. In einem Gebäudekomplex im Stadtteil Homberg sitzt die CPI Vertex Antennentechnik GmbH. Zum Team gehören Physiker, Elektrotechniker, Informatiker, Maschinenbauer und Monteure. Sie entwickeln Kommuni­kations- und Datenan­tennen – unter anderem für die Internetversorgung über Satelliten. Aber auch Te­leskope für hochpräzise Aufnahmen aus dem Weltraum gehören zum Portfolio des Unternehmens.

Lisa Hachani ist 2018 zu Vertex gekommen. Sie arbeitet mittlerweile für den Vertrieb, betreut mit vier männlichen Kollegen die Kunden. „Beim Fred-Young-Teleskop war ich von Anfang an dabei, das ist ein sehr spannendes Projekt für mich“, erzählt die Vertex-Mitarbeiterin bei einem Rundgang durch die Firmenzentrale. Sie tauschte sich aus mit den Entwicklern, zu denen Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Köln sowie in den USA gehören. „Nur an der Montage in Chile bin ich nicht beteiligt gewesen, dafür habe ich mir mit der VR-Brille ein Bild von vor Ort gemacht“, sagt Lisa Hachani und lacht.



Ihr Arbeitgeber ist seit mehr als 30 Jahren am Markt. Vertex ging 1992 aus der Antennen-Abteilung des Weltkonzerns Krupp hervor. Anfangs verdienten 20 Mitarbeit­er ihr Geld im Duisburger Westen. Dann wuchs das Unternehmen: Die Belegschaft umfasst mittlerweile 100 Mitarbeiter. Zu den Kunden gehören unter anderem die Europäische Raumfahrtorganisation (ESA) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raum­fahrt (DLR). Zudem beauftragen Fern­sehsender und Regierungsbehörden Vertex mit dem Bau und der Montage von Präzisionsantennen.

„Trotz solcher Kunden sind wir immer noch ein Hidden Champion“, sagt Geschäftsführer Peter Fasel. Damit meint er ein Unternehmen, das in seiner Branche zu den Weltmarktführern gehört, aber in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist. Dabei ist Vertex allgegenwärtig – auch in Kino­filmen. Als Pierce Brosnan als James Bond in „GoldenEye“ seine Mission erfüllte, war auch Technik aus Duisburg zu sehen.


Allerdings ist es nicht die Aufgabe von Vertex, Kulissen für Hollywood zu bauen. „Dafür haben wir aber bereits Projekte auf allen sieben Kontinenten umgesetzt“, sagt Lisa Hachani. Sie läuft über den Flur des Bürogebäudes. An einer Wand hängt eine große Weltkarte. Jeder Ort, an dem Vertex tätig war, ist markiert. Kleine, bunte Fähnchen deuten hin auf Projekte in Australien, Brasilien, Grönland, Neukaledonien oder Tahiti. Selbst in der Antarktis waren schon Monteure aus dem Ruhrgebiet. „Die treffen auf der Baustelle manchmal auf Pinguine“, berichtet Lisa Hachani.

Auch wenn Vertex in der ganzen Welt unterwegs ist, bekennt sich das Unternehmen stark zu Duisburg. Für Peter Fasel ist das auch eine Herzenssache. Der studierte Maschinenbauer stammt aus der Ruhrgebietsstadt – und wohnt hier heute noch. Über seinem Bürostuhl baumelt ein Fanschal des MSV Duisburg. „Der Standort ist für unser Unternehmen optimal“, sagt der Geschäftsführer. „Wir haben die Autobahn und den Rhein quasi direkt vor unserer Haustür“, ergänzt Lisa Hachani.

In Homberg besitzt Vertex mehrere Hallen. Dort befindet sich auch die Fertigung. Während Lisa Hacha­ni über das Gelände streift, spannt ein Mitarbeiter ein Bauteil in einen überdimensionalen Schraubstock und über­prüft das Material. Nur wenn ein Einzelelement alle seine Tests besteht, kann es für den Transport fertig gemacht werden. Abweichungen dürfen sich nur im Submillimeter-Bereich bewegen. „Das ist weni­ger als eine Haaresbreite“, erklärt Peter Fasel.

Um die Präzision des Fred-Young-Teleskops zu verdeutlichen, benutzt er gerne ein anschauliches Beispiel. Von Xanten aus, wo das Hightech-Gerät aufgebaut wurde, könne man durch das Objektiv einen Spatz auf dem Kölner Dom sehen. Zwischen beiden Städten liegen rund 90 Ki­lo­meter Luftlinie.



Zwei Wochen nach der Betriebsführung ist Lisa Hachani unterwegs nach Belgien. Mit ihrem Kollegen Adam Godden fährt sie in den kleinen Ardennen-Ort Redu. Kurz vor dem Ziel geht es über eine Kuppe. Vor dort aus blicken die beiden in ein Tal voller Antennen. In der Wallonie hat die ESA eine Funkstation aufgebaut.

Lisa Hachani und Adam Godden melden sich am Empfang an. Mit ihren Besucherausweisen fahren sie dann auf das Gelände. Dort treffen die Besucher aus dem Ruhrgebiet auf Kollegen der ESA.


Vertex arbeitet mit der Behörde schon sehr lange zusammen. Adam Godden deu­tet auf eine riesige Antenne mit einem Durchmesser von 20 Metern. „Die stammt aus Duisburg“, sagt der Australier. Vertex hat die Schüssel im Zuge des Galileo-Programms entwickelt. Das Satelliten-Navigationssystem ist ein Projekt der Europäischen Union, das Europa unabhängiger machen soll von US-Systemen wie GPS. Es besteht aus Satelliten, die präzise Zeit- und Positionsdaten zur Erde senden. Empfangsgeräte nutzen diese Signale, um Standorte genau zu bestimmen.

Lisa Hachani und Adam Godden sprechen mit den ESA-Mitarbeitern. Nach einem längeren Austausch verabschieden sich die beiden Besucher wieder. „Wir aus dem Vertrieb fahren auch mal raus zu den Kunden“, erzählt Lisa Hachani. „So bekommen wir ein noch besseres Gespür für unsere Produkte.“

Auf dem Weg zum Auto spricht Adam Godden noch über Zukunftspläne. „Wir bauen für einen Kunden aus Norwegen gerade drei große Antennen, die dann nach Australien, Spanien und in die USA geliefert werden“, erzählt er. Dadurch entsteht ein Kommunikationsnetzwerk, das die US-Raumfahrtbehörde NASA für ihr Artemis-Programm einsetzt. Somit schafft Duisburger Technik die Grundlage dafür, dass sich Astronauten demnächst wieder aufmachen zum Mond.

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